Zehntausend Meilen zur Liebe (Team I.A.T.F. 9) von Tanja Hagen - Buchvorstellung

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Tanja Hagen hat mit "Zehntausend Meilen zur Liebe" den 9. Teil der Team I.A.T.F. Reihe veröffentlicht.


Kurzbeschreibung:
Stevie McInnes wird von der Vergangenheit eingeholt. Einmal ist es ihr gelungen, das Erlebte zu verdrängen, nun aber will es sie nicht mehr loslassen. Sie macht sich auf die Suche nach dem Mann, der ihr in einer Nacht- und Nebelaktion das Leben gerettet hat. Aber wie findet man einen Mann, den man nur einmal gesehen hat? Einen, dessen Geruch man auch nach Jahren noch in der Nase hat? Dessen Wärme einem nachts hilft, wieder einzuschlafen, wenn die Albträume nicht enden wollen? Stevie macht sich auf einen Weg, dessen Route sie selbst nicht kennt. Als ein anderer Mann auftaucht, rückt der geheimnisvolle Retter in den Hintergrund. Aber ist das Interesse des Romeos echt?

Meinung:
Ich finde das Cover mega gelungen und so passend zu der Story. Genau so habe ich mir Stevie vorgestellt.
Es geht auch gleich mit ihr los und nicht mit dem Team. Man erfährt, dass sie auf der Suche nach ihrem Retter ist. Wer Darrels Geschichte gelesen hat, der hat sie schon einmal kurz kennen gelernt. Sie hat ihn nie vergessen und macht sich auf die Suche nach ihm. Aber sie schafft es erneut das Unglück auf sich zu ziehen.
Tanja Hagen hat mich wieder von der ersten Seite in die Geschichte hinein gezogen, sie ist mega spannend, sehr bewegend und ich konnte mich immer nur sehr schwer loseisen.
Ich mag auch besonders den schönen, gefühlvollen und modernen Schreibstil der Autorin, der ihre Geschichten so besonders macht. Ich freue mich schon auf den nächsten Teil, der im Juni kommen wird. In diesem Buch bekommt man schon einen Vorgeschmack darauf, was einen erwartet.

Fazit:
Bewegend, spannend und auch sehr dramatisch. Für mich eine absolute Leseempfehlung.

Weiter Informationen über die Autorin findet ihr auf ihrer Homepage und auf Facebook.

Leseprobe:
»Stevie? Ach komm, ich weiß, dass du da bist. Mach die Tür auf.«
Stevie McInnes sah von dem Zeitungsartikel auf, den sie schon so oft gelesen hatte, dass sie ihn auswendig kannte. Sie hörte erneut ihren Namen und wusste, dass ihre beste Freundin nicht so leicht aufgeben würde. Es könnte Stunden dauern, ehe Jodie verschwand. Wahrscheinlicher war, dass sie sogar die Nacht vor der Tür verbringen würde. Tief ausatmend erhob Stevie sich vom Boden. Beim Blick durch das Zimmer wurde ihr klar, dass sie dringend aufräumen musste, und zwar, noch bevor sie ihre Freundin hineinließ. Überall lagen Notizen, herausgerissene Adresszettel, Unmengen an Zeitungsartikeln und Fotos. Bilder ihrer älteren Schwester. Bilder aus einer Zeit, in der sie noch glücklich gewesen war. Und Bilder, die sie nach der schlimmsten Zeit ihres Lebens zeigten.
»Stevie, bitte.« Wieder holte sie die ruhige warme Stimme ihrer Freundin aus ihren Erinnerungen.
Langsam, darauf achtend, dass sie auf keine der Notizen oder Bilder trat, machte sie sich auf den Weg zur Tür ihres Apartments. Sie warf einen kurzen Blick in das kleine Bad und zog die Tür zu. Die Wäsche stapelte sich bereits seit Tagen, wenn sie nicht bald die Waschmaschine einschalten würde, müsste sie entweder nackt zur Arbeit oder sich krankschreiben lassen. Stevie schloss kurz die Augen, als sie die Tür entriegelte und einen Spaltbreit öffnete. Sie würde Jodie auf keinen Fall in die Wohnung lassen. Ihre Freundin durfte das herrschende Chaos nicht sehen.
»Hey du.« Sie schob sich in den Türspalt und wollte so Jodie den Blick in den Raum verbauen.
»Ähm, ich wollte mal fragen, was los ist. Du bist die letzten Tage nach Feierabend immer so schnell weg, dass ich dir nicht mal mehr tschüss sagen konnte und in den Pausen starrst du dein Handy an.« Sorgenfalten lagen auf dem Gesicht der Vierundzwanzigjährigen.
»Es ist alles in Ordnung.« Stevie zwang sich zu einem Lächeln. Dabei war nichts in Ordnung. Jahrelang hatte sie versucht zu vergessen, aber immer wieder waren die Schatten aus der Vergangenheit gekommen und hatten sich in ihr Leben gedrängt. Schon einmal war sie an einem Punkt wie diesem angelangt, und es hatte Wochen gedauert, ehe Jodie ihr klar gemacht hatte, dass das, was sie tat, sinnlos war.
»Lüg mich nicht an. Was ist los?« Jodie wollte einen Blick an ihr vorbei in die Wohnung werfen. »Wenn du da ´nen Typen verstecken würdest, hättest du einen anderen Blick.«
Stevie versuchte, Jodie den Blick erneut zu verstellen. »Es ist alles okay, wirklich.« Es fiel ihr schwer, überzeugend zu klingen. Als Jodies Blick sich veränderte, bildete sich ein Kloß in ihrem Hals. Es war eine Mischung aus Mitleid und Trauer, die sie in den grünen Augen erkennen konnte. Nur schwer konnte sie die eigenen Tränen zurückhalten, die in ihre Augen steigen wollten. Dabei war da doch eigentlich kein Grund, der sie zum Weinen bringen sollte. Eher viele, die sie in die Verzweiflung trieben, aber keiner war es wert, in diesem Augenblick in Tränen auszubrechen.
»Nicht doch, Stevie. Ich dachte, das Thema hätten wir erledigt.« Jodie holte tief Luft, drückte die Tür weiter auf und schob sie so in den kleinen Flur ihrer Wohnung.
Ja, das hatte sie schon so häufig gedacht.
Erledigt. Abgeschlossen. Vorbei. Vergangenheit.
Und doch konnte sie es nicht vergessen. Sie konnte ihn nicht vergessen. Sie ließ es zu, dass Jodie die Wohnung betrat, und schloss die Tür hinter sich. Mit dem Rücken an die Tür gelehnt beobachtete sie, wie ihre Freundin kopfschüttelnd und naserümpfend das Chaos betrachtete, das sich in den letzten zwei Wochen entwickelt hatte.
»Stevie, ich dachte, wir haben das besprochen.« Jodie sah sich nicht um, als sie sprach. Ihr Blick ruhte auf dem dunklen Boden, der über und über mit Papier übersät war. »Ich dachte wirklich, wir hätten das abgeschlossen. Du hast doch gesagt, du bist darüber weg. Ist dir klar, dass es hier riecht, als würdest du tote Possums lagern?« Jetzt drehte sich Jodie um und strich sich durch die schulterlangen Haare.
»Dachte ich auch, aber dann kamen die Träume wieder«, antwortete sie, und ignorierte die Anspielung auf den, in der Wohnung herrschenden, Geruch. Vorsichtig, wieder darauf achtend keinen der Artikel zu betreten, ging sie auf das Sofa zu, wo ihre dunkle Jacke neben einer getragenen Hose und einem Pizzakarton lag. Der Wohnzimmertisch war mit Kaffeetassen vollgestellt und in der kleinen Kochnische stapelten sich Teller in der Spüle. Die kleine Arbeitsfläche war mit Verpackungsmaterial von Fertiggerichten zugemüllt und der Mülleimer in der Ecke quoll über. »Ich wollte ihn vergessen, ich kann es aber nicht.« Die Tränen, die sie zurückgehalten hatte, ließen sich nicht mehr bremsen.
»Oh Stevie, es tut mir so leid.« Jodie kam auf sie zu und Stevie ließ sich dankbar in eine Umarmung ziehen.
All die Jahre der Therapie hatten ihr zwar geholfen mit dem umzugehen, was man ihr angetan hatte, aber vergessen hatte sie weder die Gräueltaten, die Schreie, die sich tief in sie gefressen hatten, noch die Augen des Mannes, der sie befreit hatte. Auch die Augen, die ihren Wunsch zu sterben beendet und ihr ein neues Leben geschenkt hatten, hatte sie nie vergessen.
Es war Jahre her, dass sie und ihre drei Jahre ältere Schwester auf die Idee gekommen waren, einen richtigen Backpacker-Trip zu unternehmen. Raus aus dem Haus, in dem sie die meiste Zeit ihres Leben verbracht hatten, und endlich das Land kennenlernen, in dem sie geboren waren. Nicht nur immer den kleinen Ort sehen, der über achtzig Kilometer von der Farm entfernt war, auf der sie aufgewachsen waren. Sie wollten das Land sehen. Die Großstädte, die Strände und das Leben kennenlernen, welches sie bis dato nur aus dem TV kannten. Auch wenn ihre Eltern nicht begeistert gewesen waren, so hatten sie ihre Töchter ziehen lassen. Es war Cyntias Idee gewesen, ihre Eltern darum zu bitten, ihnen nicht hinterherzutelefonieren, wenn sie sich mal eine Woche nicht meldeten. Dafür mussten sie ihren Eltern versprechen, nach Möglichkeit einmal pro Woche anzurufen. Schließlich waren sie erwachsen und durchaus in der Lage, auf sich acht zu geben.
Also schwangen sie sich mitten im Hochsommer in Cyntias uralten VW Käfer und fuhren mehr oder weniger ohne Plan los. Sie hielten hier und dort an, mal um zu tanken und zu essen, mal um einige Tage die Gegend zu genießen und um Menschen kennenzulernen. Und dann kam der Tag, an dem sie Cyntia von einer Idee überzeugt hatte, die sie bis heute bitter bereute. In Darvin hatte sie Bilder aus Sumba gesehen und es war ihr tatsächlich gelungen, günstige Tickets zu bekommen. Auch wenn ihre Schwester sich anfangs gegen dieses Hirngespinst gewehrt hatte, so hatte sie am Ende doch zugesagt. Einmal den Kontinent verlassen, der ihre Heimat war. Einmal über den Tellerrand schauen. In ein Land, welches nur wenige hundert Kilometer entfernt lag und wunderschön, wenn auch arm war. Nur einmal ein paar Tage, um anschließend sagen zu können, man war in Indonesien. Was um alles in der Welt hatte sie nur geritten? Stevie hätte auf Cyntia hören sollen, dann wäre es nie so weit gekommen.


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